Di Schpilke (The Pin/Die Nadel). Filmvorführung in Bremen

Bericht der Filmvorführung von "Di Schpilke" in Bremen von Christoph Meyer

Der 27. Januar ist der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. In Bremen wird dieses Gedenken von verschiedenen Gruppen und Institutionen getragen, darunter die Regionalgruppe Weser-Ems von ASF. Diverse Veranstaltungen wie Ausstellungen, Lesungen und Vorträge, thematischen Führungen, Podiumsgespräche oder Konzerte finden hierzu statt.

Wie in den Jahren zuvor hat die Regionalgruppe gemeinsam mit der „Forschungsstelle Osteuropa“ (Universität Bremen) und dem kommunalen Kino „City46“ in diesem Jahr einen vor allem jiddischsprachigen Film (mit englischen Untertiteln) ausgewählt, der in dieser Veranstaltungsreihe gezeigt wurde: „Di Schpilke (The Pin/ Die Nadel)“ von der kanadischen Regisseurin Naomi Jaye. Es ist dies die – fiktive – (Liebes)Geschichte zweier sich auf der Flucht befindlicher junger Menschen. Leah und Jakob verstecken sich unabhängig voneinander in einer fast verfallenen Scheune vor ihren Verfolgern. Angesiedelt ist die Geschichte im litauischen Hinterland, irgendwann um 1942. Dort treffen sie aufeinander. Eine derartig intensive Begegnung einer jüdischen jungen Frau und eines jüdischen jungen Mannes wäre unter ‚normalen‘ Umständen kaum vorstellbar gewesen. Doch es ist Krieg und die beiden befinden sich in jeder Hinsicht in einem Ausnahmezustand. Leah und Jakob durchlaufen in wenigen Tagen, in denen sie sich gemeinsam in der Scheune verborgen halten, gleichsam im Zeitraffer Phasen von Fremdheit, Annäherung und eines Lebenshungers, wie er so wohl nur in Ausnahmesituationen möglich wird.
Erzählt wird diese Geschichte in Rückblenden aus der Perspektive des altgewordenen Jakob, der während einer Totenwache noch einmal an diese große Liebe erinnert wird.

Der Film ist von einer großen Langsamkeit getragen: nur wenig erfahren die Zuschauer_innen über das Leben außerhalb der Scheune. Lange Sequenzen einer Einstellung, eine gewisse Eintönigkeit und das zuweilen lange Schweigen der Protagonisten transportieren zugleich die Enge, das Eingesperrtsein wie auch die Angst an diesem Ort.

Erstmals in Europa wurde der Film in Anwesenheit der Filmemacherin gezeigt, die nach der Vorführung Fragen zu seiner Entstehungsgeschichte und ihren Überlegungen beantwortete. Sie stellte dabei heraus, dass sie zunächst verschiedene Motive im Kopf hatte – vor allem das miteinander Alleinsein und aufeinander geworfen sein. Die Einbettung in einen weiteren chronologisch verortbaren Kontext fand erst zu einem späteren Zeitpunkt statt. Für Naomi Jaye war es aber von Bedeutung, hierbei eng an die historische Wirklichkeit angelehnt zu arbeiten. Aus diesem Grund sollten die beiden jungen Menschen Jiddisch sprechen, da dies in dieser Region die selbstverständliche Sprache zweier jungen Menschen dieses Milieus gewesen sei. Weder sie selbst noch die Schauspieler hatten allerdings zunächst einen Bezug zum Jiddischen. Entsprechend erhielten sie Unterricht, wurden die Dialoge ins Jiddische übertragen, wurde am Set ein Experte für Jiddisch engagiert, der auf die richtige Aussprache etc. achtete.

Die gut 60 Gäste zeigten sich interessiert an den Umständen der Entwicklung der „Story“ und der Schwierigkeit, in einer nicht vertrauten Sprache zu arbeiten. Aufgeworfen wurde die Frage, inwieweit dieser in Deutschland nur wenig bekannte Film zu einer Diskussion über die Zulässigkeit führen würde, ein recht beliebiges Motiv – „Ein Mann und eine Frau“ – in den Kontext des Holocausts einzuordnen, ohne diesen aber weiter zu thematisieren.

Weiterführendes:

www.timesofisrael.com/first-canadian-narrative-drama-in-yiddish-debuts-in-ny/

www.kreiszeitung.de/kultur/naomi-jayes-ueber-ihren-film-the-pin-heute-bremen-sehen-4703648.html

Bericht von Christoph Meyer (Regionalgruppensprecher Weser-Ems)

Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Forschungsstelle Osteuropa, der Universität Bremen sowie der Regionalgruppe Weser-Ems von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V.

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