Die Verfolgten und Zerstörungen erinnern, die Taten und Täter*innen benennen und die Ursachen verstehen für das satanische Begehren, Menschen abzuwerten und auszusondern – dies stand im Mittelpunkt eines Gottesdienstes im Gedenken an die Pogrome am und um den 9. November 1938.
Aktion Sühnezeichen Friedensdienste und die Evangelische Akademie Berlin hatten dazu in die Französischen Friedrichstadtkirche in Berlin eingeladen. Rund 80 Gemeindemitglieder, Interessierte und Freund*innen von ASF und Akademie waren gekommen, weitere Zuschauer*innen folgten dem Livestream.
Die ASF-Arbeitsgemeinschaft Theologie gestaltete den Gottesdienst in Orientierung an die Predigthilfe, die ASF zu diesem Gedenktag herausgegeben hat. Werke von Bach intoniert mit Orgel und Cello rahmten den Gottesdienst musikalisch.
Der Satan hat begehrt,
euch zu sieben wie den Weizen.
Ich aber habe für dich gebeten,
dass dein Glaube nicht aufhöre.
Und wenn du dann umkehrst,
stärke deine Geschwister.
(Lukas 22, 31f.)
Die ASF-Vorsitzende Ilse Junkermann predigte zu Lukas 22, 31f. und fragte dabei nach den menschlichen Ab(gründen), die weit vor 1933 schon zu antisemitischen Vorurteilen, Abwertungen und Übergriffen gegenüber Jüdinnen und Juden führten. Dieses satanische Begehren manifestierte sich nicht erst in der Nacht des 9. November und nicht nur in Form von marodierenden SA-Trupps, sondern tagtäglich inmitten der Gesellschaft auf verschiedensten Ebenen. Mit einer persönlichen Familienerinnerung fragte sie auch nach der Beteiligung und Bereicherung breiter Bevölkerungsschichten und welche Rolle diese heute in unserer Erinnerungskultur und dem Gedächtnis von Familien spielt.
Dabei waren die Anzeichen für diesen staatlich geleiteten Exzess für die Zeitgenoss*innen durchaus abzusehen: Dietrich Bonhoeffer unterstrich noch in dieser Nach in seiner Bibel den Psalm 74,8 – „Sie verbrennen alle Gotteshäuser im Land. Und Helmut Gollwitzer verurteilte in seiner Dahlemer Bußpredigt eine Woche später drastisch die Ignoranz und Untätigkeit und forderte zugleich den Beistand für die Verfolgten ein:
„Nun wartet draußen unser Nächster, notleidend, schutzlos, ehrlos, hungernd, gejagt und umgetrieben von der Angst um seine nackte Existenz, er wartet darauf, ob heute die christliche Gemeinde wirklich einen Bußtag begangen hat. Jesus Christus wartet darauf!“
Die Predigt und Liturgie ist in der Predigthilfe nachzulesen, die hier als PDF heruntergeladen oder als Druckfassung bestellt werden kann.