Aktuelles| Presse | Jahrestagung 2023 | 15. Mai 2023

Wie Antisemitismus entgegentreten? Jahrestagung diskutiert in vielen Formaten

Dass Mensch vor Antisemitismus wohl nur auf dem Mond sicher sein kann, in unserer Gegenwart aber immer wieder mit neuen alten Formen der Judenfeindschaft konfrontiert ist, dieser Ausspruch geht auf Hannah Ahrendt zurück und ist eine belastende Lebensrealität für Jüdinnen*Juden weltweit. Für ASF war und ist diese Frage zentral – als Konsequenz aus der Shoah als singulärem deutschen Verbrechen gegen die Menschheit, die sich immer wieder ganz konkret im gemeinsamen Alltag von Freiwilligen und Mitarbeiter*innen mit jüdischen Partner*innen oder in der Bildungsarbeit in Gedenkstätten oder Antidiskriminierungsinitiativen stellt. Zudem überschneiden sich antisemitische Verschwörungserzählungen und Hassdynamiken mit anderen Formen der Menschenfeindlichkeit, treffen also auch weitere gesellschaftliche Gruppen und die offene demokratische Gesellschaft insgesamt – in Deutschland wie in den Partnerländern von ASF.

So kamen über 160 Teilnehmer*innen für zwei Tage zur Jahrestagung in der Berliner Parochialkirche und setzten sich in Vorträgen, Workshops, Lesungen und in einer Andacht dazu unter dem Titel „Judenfeindschaft: Tradierungen, Erscheinungsformen und Interventionen“ auseinander. In ihrer Begrüßung betonte die ASF-Vorsitzende Ilse Junkermann, wie wichtig, aber immer wieder auch bedroht Israel als sicherer Ort für Jüdinnen*Juden seit seiner Gründung vor 75 Jahren ist und dass ASF hier an der Seite der Betroffenen in Israel wie allen anderen Partnerländern steht.

Zu Beginn gaben die Freiwillige Marina, die Regionalgruppen-Sprecherin Ninel sowie die ASF-Geschäftsführerin Jutta Weduwen konkrete Einblicke in aktuelle Aktivitäten von ASF – vom internationalen Freiwilligenprogramm in Deutschland über die Sommerlagerarbeit und das Engagement in den Regionen bis hin zu einer Reise zu ASF-Partner*innen nach Odesa. Im Anschluss stellte der in Australien geborene und in Berlin lebende Regisseur Aaron Lucas seine persönliche Auseinandersetzung mit seiner jüdisch-deutschen Familiengeschichte im Film „I’ll be Frank“ vor.

Der Sozialwissenschaftler Micha Brumlik arbeitete in seinem Auftaktvortrag die verschiedenen sozialen und geistesgeschichtlichen Ursprünge und Tradierungen des Antisemitismus bis heute heraus. Der ukrainische Historiker und Shoah-Überlebende Boris Zabarko schlug sehr eindrücklich als Zeitzeuge über die Jahrzehnte den Bogen vom NS-Völkermord der Deutschen und ihrer Verbündeten, den er im Ghetto von Sharhorod überlebte, über die unterdrückte historische Aufarbeitung in der Sowjetunion bis hin zum aktuellen Angriffskrieg gegen die Ukraine, in der das Shoah-Gedenken instrumentalisiert und völlig verzerrt wird.

Im Anschluss beschäftigten sich die Teilnehmer*innen in Workshops mit den unterschiedlichen Erscheinungsformen, aber auch mit Interventionsmöglichkeiten auseinander, so etwa in einer Lesung der Journalistin Erica Zingher über die Lebensrealität der aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland gekommenen Jüdinnen*Juden oder in einem praktischen Workshop mit Nina Schmidt vom DiskursLab der Evangelischen Akademie zu Berlin, wie mit Memes und anderen Ansätzen strategisch und kreativ mit Hatespeech umgegangen werden kann. Die vielen Impulse und Debatten dieser Tagung werden auch in die künftige Freiwilligen- und Bildungsarbeit von ASF einfließen.

Am Sonntag kamen dann bundesweit Mitglieder zur ASF-Mitgliederversammlung zusammen. Sie entschieden unter anderem zum Jahresabschluss und Haushalt und diskutierten zur Frage, wie Präsenz- und Digitalangebote in der Seminararbeit und Vereinskommunikation am besten kombiniert werden können.

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