Norwegische Winterlandschaft von Jacob Gimbel
In Norwegen arbeiten aktuell 13 Freiwillige im ganzen Land verteilt. Über 2000 km trennt das nördlichste vom südlichsten Projekt. Das ASF-Länderbüro befindet sich in Oslo.
Eingesetzt sind die Freiwilligen in Wohnheimen, Gedenkstätten, Internatsschulen und offenen Einrichtungen für körperlich und/oder geistig beeinträchtigte Jugendliche und Erwachsene an den Standorten Alta, Andebu, Ekne, Evenskjer, Moi und Oslo. Die Freiwilligen arbeiten und leben in den verschiedenen Einrichtungen oder in deren Nähe und haben unterschiedliche Aufgaben in den jeweiligen Wohn- und Arbeitsbereichen für Menschen mit Behinderungen und in der historische Bildungsarbeit. Diese beziehen sich teilweise auf hörgeschädigte Menschen mit zusätzlichem Unterstützungsbedarf, teilweise auf Menschen mit psychischen und/oder körperlichen Beeinträchtigungen und älteren Menschen. In der historischen Bildungsarbeit unterstützen die Freiwilligen den täglichen Gedenkstättenbetrieb mit u.A. Führungen und Archivarbeit.
In den Projekten sind die Freiwilligen meistens im Freizeitbereich eingesetzt. Hier gibt es viele Möglichkeiten, um eigene Ideen umzusetzen und neue Fähigkeiten zu erlernen. Kreativität und Eigeninitiative sind keine Grenzen gesetzt, denn in Norwegen ist die Freizeitpädagogik sehr etabliert und gut ausgestattet.
Schon ein Jahr nach dem Aufruf zur Gründung von Aktion Sühnezeichen 1958 begann die Arbeit in Norwegen. Freiwillige von Aktion Sühnezeichen setzten 1959 und 1960 zwei Bauprojekte im Norden des Landes um: ein Wirtschaftsgebäude für das Kinderheim Trastad Gård und eine Kirche in Kokelv in der Region Finnmark. Pastor Gilleberg, der damalige Leiter des Heims von Trastad Gård, schrieb dazu: "Es war ein Idealismus, der brannte. Und dieser Idealismus bewirkte, dass die Aktion gelang. Im Jahre 1959 gab es viel Hass gegenüber den Deutschen, und die erste Gruppe bekam dies zu spüren. Ich weiß bestimmt, dass die Aktion und was sie hier geleistet hat, eine Aussöhnung in der Stille war."
Denn die norwegische Bevölkerung hatte massiv unter der deutschen Besatzung nach dem deutschen Überfall im Jahr 1940 gelitten. Vor allem die Luftangriffe der deutschen Luftwaffe auf die Großstädte, die Deportation fast der gesamten jüdischen Bevölkerung Norwegens in die Vernichtungslager sowie die Wehrmachtsstrategie der verbrannten Erde über all dort, wo Widerstandsgruppen aktiv waren – beispielsweise in Nordnorwegen in der Region Finnmark – bestimmten die kollektive Wahrnehmung in Norwegen über Jahrzehnte.
Widerstand war in dem dünn besiedelten, weitläufigen Land gesellschaftlich breit verankert. Es gab sowohl politisch organisierte Widerstandsgruppen als auch organisierte Sportler*innen, Lehrer*innen, Jurist*innen und aktive Protestant*innen. Der gewalttätige und der symbolische Widerstand bestimmten die kollektive Wahrnehmung in Norwegen über Jahrzehnte.
Aktuelle historische Forschungen beschäftigen sich nun vermehrt mit der Geschichte der Kollaboration von Teilen der norwegischen Bevölkerung. Ohne diese Kollaborateur*innen wäre unter Anderem die Deportation der jüdischen Bevölkerung nicht so zügig durchgeführt worden.
Mitte der 1960er Jahre entwickelten sich durch die Bauprojekte Kontakte zu anderen Projektbereichen, in Norwegen vor allem in der Sozialarbeit. ASF-Freiwillige arbeiten seitdem in sozialen Einrichtungen mit denjenigen, die im Nationalsozialismus unmittelbar von der Vernichtung als „lebensunwert“ bedroht waren.
Ein norwegischer Freundeskreis, ASF‘s venner, unterstützt die Arbeit intensiv. Er führt Veranstaltungen und Treffen durch und macht unsere Arbeit in Norwegen bekannter.
Im Jahr 2012 zeichnete die Norwegisch-Deutsche Willi-Brandt-Stiftung ASF für ihren besonders verdienstvollen Beitrag zur Versöhnung und Verständigung beider Länder im Rahmen der langfristigen Freiwilligendienste aus.
Im August 2019 feierte ASF in Norwegen das 60-jähriges Jubiläum der Arbeit im Land. Viele Projektpartner*innen, ehemalige Freiwillige und Wegbegleiter*innen nahmen an der Veranstaltung teil. Neben Begegnungen und Raum zum Austausch wurde das Thema Antiziganismus in Norwegen durch Referent*innen diskutiert. Wir bedanken und an alle Beteiligten.
Jedes Jahr bietet ASF ein Sommerlager in Norwegen an. In den letzten Jahren ist dies in Zusammenarbeit mit dem Holocaust Zentrum für Minoritätenforschung in Oslo durchgeführt worden. Dabei unterstützten die Sommerlagerfreiwilligen das Zentrum mit Garten- und Putzarbeiten und informierten sich über die Geschichte des Zweiten Weltkriegs in Norwegen.