Die Leitsätze von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste

Die Arbeit von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF) geschieht im Bewusstsein der gegenwärtigen Bedeutung des Nationalsozialismus und des Holocaust.

1958 rief Lothar Kreyssig die Deutschen auf, „der Selbstrechtfertigung, der Bitterkeit und dem Hass eine Kraft entgegenzusetzen“, Vergebung zu erbitten und Versöhnung zu praktizieren. Verwurzelt im christlichen Glauben bemüht sich ASF um Zusammenarbeit mit allen, die für eine friedlichere und gerechtere Welt eintreten. Sie setzt sich in ökumenischer Offenheit für eine aus der Erinnerung lebende Verständigung zwischen den Generationen, Kulturen, Religionen und Völkern ein. Dabei stellt sich ASF der Pluralität der multikulturellen Gesellschaften in Europa, Israel und den USA.

Aktion

ASF verfolgt ihre Ziele vor allem durch internationale kurz- und langfristige Freiwilligendienste, Aktionen und Kampagnen. ASF beteiligt sich praktisch am gleichberechtigten Dialog der Kulturen und versucht, die Wirkung des Vergangenen in den gegenwärtigen zwischenmenschlichen und internationalen Beziehungen aufzunehmen. Dies geschieht in der Gewissheit, dass Menschen sich in gemeinsamer Praxis näher kommen, sich selbst und andere besser verstehen lernen, sich verändern und dadurch Neues hervorbringen. Dieser individuelle Lernprozess ist ein unverzichtbarer Bestandteil gesellschaftlicher Entwicklung. Mitwirken können alle, die diesem Handeln zustimmen und bereit sind, sich mit seiner Begründung auseinanderzusetzen und sich daran praktisch zu beteiligen.

Sühnezeichen

Der Begriff „Sühnezeichen“ qualifiziert den ASF-Friedensdienst. Er bedeutet die konkrete, zeichenhafte Übernahme von Verantwortung für die Folgen des Nationalsozialismus, eröffnet die Möglichkeit, umzukehren, und begründet die Hoffnung auf eine gemeinsame, gerechtere und friedlichere Zukunft. ASF fühlt sich allen Opfern der NS-Herrschaft verpflichtet. „Sühnezeichen“ heißt aber auch, die grundsätzliche theologische und politische Frage nach Täterschaft, Täterinnen und Tätern, Mitläuferinnen und Mitläufern, Widerstehenden und Opfern in Geschichte und Gegenwart zu stellen. Damit wird auch die individuelle und kollektive Herausforderung der eigenen und gesellschaftlichen Beziehung zur Geschichte und ihren Folgen deutlich. Dieses Verständnis von persönlicher Verantwortung und politischer Handlungsfähigkeit ist Teil des Lernens aus dem jüdisch-christlichen Gespräch.

Besonderes Gewicht legt ASF auf die Auseinandersetzung mit der Rolle von Theologie und Kirche in der Bearbeitung der eigenen Geschichte und von Gewalterfahrungen. ASF engagiert sich im jüdisch-christlichen Gespräch und versucht, zur Überwindung antijüdischer Stereotype in der christlichen Theologie beizutragen. ASF beteiligt sich an theologischen und politischen Debatten zur Rolle der Erinnerung in Deutschland und im internationalen Kontext, zur ökumenischen Friedensethik und am interreligiösen Dialog.

Das Ineinander von Geschichte und Gegenwart wirkt in der gesellschaftlichen und insbesondere erinnerungspolitischen Debatte schwer verständlich. Gerade deshalb ist aber ein Engagement vor diesem Hintergrund ein wichtiger, zeichenhafter Beitrag, der produktiv ist, weil er das Hineinversetzen in andere erfordert und um seine Grenzen weiß.

Friedensdienste

Durch ihr spezifisches friedenspolitisches Handeln verhilft ASF verschiedenen Generationen zu einer selbstkritischen und politisch verantwortlichen Friedensfähigkeit. Nachhaltiger Frieden wird durch Antisemitismus, Rassismus, Antislawismus, jede Art von Menschenrechtsverletzung und soziale Ungerechtigkeit verhindert. ASF folgt einem umfassenden Verständnis von Frieden, das im Leitbild des gerechten Friedens seinen Ausdruck findet. ASF engagiert sich daher in Projekten, die sich gegen die Diskriminierung von Menschen aufgrund von Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Geburt, Benachteiligung oder Behinderung, Alter, Geschlecht oder sexueller Identität, Hautfarbe oder Sprache richten. Diese Diskriminierungsverbote sind in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 als zwingende Konsequenz aus dem 2. Weltkrieg und politischer wie rassischer Verfolgung festgehalten.

Die ASF-Freiwilligen arbeiten mit Überlebenden und ihren Nachkommen, mit sozial Benachteiligten, z.B. Menschen mit Behinderungen oder Flüchtlingen, und in der historisch-politisch Bildungsarbeit, etwa in Gedenkstätten oder Antirassismusorganisationen. In den von ASF errichteten Jugendbegegnungsstätten in Auschwitz und Jerusalem bietet ASF Raum für internationale Begegnungen und interkulturelle Verständigung für weitere Zielgruppen und die Partnerorganisationen. In Deutschland organisiert ASF Kampagnen, leistet politische Öffentlichkeitsarbeit und erstellt pädagogische Materialien wie Predigthilfen und Unterrichtsentwürfe für Gemeinden und Gruppen.

Nichtstaatliche Organisationen, Kirchen und Religionsgemeinschaften sind wichtige Partner, die einen ständigen Lernprozess von ASF hinsichtlich der Inhalte und Formen ihrer Arbeit fördern. Die Kooperation mit ihnen ist Ausdruck demokratischen und zivilgesellschaftlichen Engagements.

Diese Leitsätze hat Aktion Sühnezeichen Friedensdienste im Jahr 2003 verabschiedet.

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