Leise im Ton, aber mit Tiefenschärfe

© ASF/Abramski

Am 23. September 2022 ist Pastor Wolfgang Raupach-Rudnick im Alter von 75 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit in Hannover gestorben. Viele Jahrzehnte lang war er Aktion Sühnezeichen Friedensdienste stark verbunden. Von 1984 bis 1990 wurde er von der Evangelischen Landeskirche Hannover als theologischer Geschäftsführer zu ASF entsandt.

Wolfgang Raupach-Rudnick studierte in Bethel, Tübingen und Heidelberg evangelische Theologie und war nach seinem Vikariat bis 1984 als Pastor in der Kreuzkirche und der Marktkirche in Hannover tätig. Er prägte dort eine lebhafte innerstädtische Gemeindearbeit und die Friedensarbeit.

Schon vor seiner ASF-Geschäftsführerzeit hatte er als Pfarrer der hannoverschen Landeskirche die Sühnezeichenarbeit kräftig unterstützt. Er fuhr mit Jugendlichen in die Gedenkstätte Auschwitz, wurde 1976 Vereinsmitglied bei ASF, nahm am jährlichen „Festival der Friedensdienste“ teil und wurde in das Kuratorium von ASF berufen.

Als theologischer Geschäftsführer gestaltete er in den 1980er Jahren die lebhaften Auseinandersetzungen und Entscheidungen zur Neuausrichtung der Sühnezeichen-Arbeit im In- und Ausland. Darunter fallen unter anderem der Baubeginn der Internationalen Jugendbegegnungsstätte in Oświęcim/Auschwitz, die Arbeit und Kontakte in (Mittel)-Osteuropa, die Verbindungen zu Aktion Sühnezeichen in der DDR, die Reduzierung von Freiwilligenstellen aufgrund einer finanziellen Krise sowie die ASF-Reaktionen auf die erste Intifada und Israelkritik.

Wolfgang Raupach-Rudnick war die „christliche Stimme“ von ASF, leise im Ton, aber mit Tiefenschärfe. Neben der Entwicklung einer Israeltheologie nach Auschwitz und dem christlich-jüdischen Dialog, waren ihm die Entwicklung einer Theorie der Friedensdienste und die Ökumene wichtige Anliegen. Auch über seine Zeit als ASF-Geschäftsführer hinaus setze Raupach-Rudnick besondere Akzente bei der Gestaltung der ASF-Predigthilfen, insbesondere der Predigthilfe zum Israelsonntag.

Für Sühnezeichen wünschte sich Wolfgang Raupach-Rudnick den inspirierenden Dialog der Generationen mit einem Ansporn der Alten und einer Ermutigung durch die Jüngeren. In den Debatten um den Vereinsnamen und um Schuld und Schuldgefühle bei den Nachgeborenen setzte Wolfgang Raupach-Rudnick klare Akzente. Im Gemeindebrief zum 1.9.1939 formulierte er 1989: Das eigene Leben wird bestimmt von der Schuld der Väter und Mütter, und die eigene Schuld bestimmt in ihren Folgen die Kinder und Kindeskinder. Die Folgen der Schuld sind sozial und geschichtlich. Schuld ist also eine „Realität“ und alles andere als ein „Schuldgefühl“. Deshalb muss sie gelernt werden; deshalb muss sie einem gesagt werden. […] Diese Selbstprüfung geschieht nicht, um Schuldgefühle anzuhäufen – die deprimieren! – sondern um zu lernen und umzukehren.

Von 1994 bis 2000 war Wolfang Raupach-Rudnick Beauftragter für Kirche und Judentum in der hannoverschen Landeskirche. Gemeinsam mit seiner Frau, Prof. Ursula Rudnick, initiierte er die Ausstellung „Blickwechsel – Christen und Juden? Juden und Christen“, die in Niedersachsen gezeigt wurde und auch als Buch erschienen ist. Raupach-Rudnick war Mitglied der Konferenz landeskirchlicher Arbeitskreise Christen und Juden (KLAK) sowie der Evangelischen Mittelostkommission. Mit dem Gemeinsamen Ausschuss Kirche und Judentum der EKD, VELKD und Ev. Kirche der Union gab er die Arbeitshilfe „Gelobtes Land?“ heraus. Er setzte sich für ein kirchliches Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung ein, unter anderem in seinen 2008 erschienen Ausführungen „Der 9. November – ein kirchlicher Gedenktag!“.

Wolfang Raupack-Rudnick wurde von seinen Freund*innen, Partner*innen, Mitarbeiter*innen und Kolleg*innen als ausgesprochen tiefgründiger, kluger, ruhiger und ausgeglichener Gesprächspartner geschätzt.

Wir trauern, weil Wolfgang Raupach-Rudnick nicht mehr bei uns ist. ASF hat ihm viel zu verdanken.
Unsere Gedanken sind bei seiner Frau Ursula und seinen Angehörigen.

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