Wir trauern um Wolf Jung

© ASF/Gundi Abramski

(29.7.1940 – 7.5.2022)

Der ehemalige ASF-Geschäftsführer Wolf Jung starb am 7. Mai 2022 nach schwerer Krankheit. Er war ein Mensch mit Ecken und Kanten – und mit einem ausgeprägten Bewusstsein dafür, worauf es gerade ankommt. Er war jemand, der sich intensiv für die Geschichten der Menschen um ihn herum interessierte: Wo kommst Du her? Was hat Dich geprägt? Mit großer Beharrlichkeit (auch so ein echtes Wolf-Wort) fragte er dann weiter und weiter, um ein Bild zu formen.

Aktion Sühnezeichen Friedensdienste hat Wolf Jung sehr viel zu verdanken. In einer Zeit, als der Verein wirtschaftlich am Abgrund stand, übernahm er große Verantwortung. In dieser Zeit hat er Tag und Nacht für ASF gekämpft, bis zur völligen Erschöpfung. Manchmal traf man ihn morgens im Büro an, da lag unter dem Schreibtisch noch die Isomatte. Dann brannte das Lebenswerk von Christa und Wolf nieder, die Friedenswerkstatt in Bentierode. In dieser Zeit war auch sein Körper schon einmal fast am Ende. Er rappelte sich auf, beharrlich und unbeirrt. Heute steht Bentierode wieder.

Manche haben sich an seinen Ecken und Kanten gestoßen. Wir, die ASF-Freiwilligen in Belarus und Russland, haben ihn 1993 bei einer zufälligen Begegnung als großen Lichtblick erlebt, als wir schon nicht mehr an ein Überleben des Vereins glaubten (und viel Anlass hatten, uns über den ganzen Laden zu ärgern).

Kurz darauf übernahm Wolf die ASF-Geschäftsleitung, die er von 1994 bis 1999 ausübte, und dann noch die Zuständigkeit für die sogenannten GUS-Länder. Denn von der direkten Arbeit mit jungen Menschen konnte und wollte er nicht lassen. Viele Russland- und Belarus-Freiwillige haben ihn in dieser Zeit als prägenden Gesprächspartner erlebt. Seine Erlebniswelten waren manchmal andere als unsere eigenen, etwa wenn er von Jugendwanderungen berichtete („unser größtes Problem war der Hunger“) oder von seinem Studentenquartier im Ziegenstall. Auf den gemeinsamen Runden in der Natur, in seinem Wald oder auch in seiner Werkstatt hat man diesen Wolf Jung dann verstanden: Hier war sein „Drumherum“, seine Um-Welt, vor deren Hintergrund man das Erzählte besser begriff.

Seine Liebe galt den Ländern Nord- und Osteuropas. Dass Russland die Ukraine überfiel, muss ihm in seinen letzten Tagen wie ein schrecklicher Alptraum vorgekommen sein. Bestimmend für ihn war sein Glaube an das Gute im Menschen - eine unerschütterliche Haltung, die als Saat junge und alte Gesprächspartner geprägt hat und bleiben wird, sei es in Karelien, Minsk, St. Petersburg oder anderswo.

Christa, wir sind in Gedanken bei Dir und den schönen Stunden mit Euch. Wolf, in tiefer Dankbarkeit nehmen wir Abschied, alter Freund!


Arnt von Bodelschwingh war von 1992 bis 1994 Freiwilliger in Minsk, anschließend hat er als studentischer Mitarbeiter im damaligen GUS-Referat in der ASF-Geschäftsstelle gearbeitet.

  • Gefördert vom:
  • im Rahmen des Bundesprogramm
  •  
  •